Was sind Flechten?
Lichenen (Flechten) beruhen auf einer symbiotischen Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz (Mykobiont) und einem oder mehreren Partnern (Photobionten). Die Photobionten (Algen oder Cyanobakterien) versorgen den Mykobionten mit Photosyntheseprodukten.
Gemeinsam sind die Symbiosepartner dazu in der Lage, unter oft drastischen Standortbedingungen zu überleben, denen keiner der Partner allein gewachsen wäre. So können Flechten beispielsweise auf Steinen im Hochgebirge 1000 Jahre und mehr überdauern. Die Doppelnatur der Flechten ist äußerlich nicht erkennbar.
Manche Algen- und Cyanobakterienarten können Photobiont für verschiedene Pilze sein.
Sexuell ist nur der Pilz: Er bildet Sporen in Fruchtkörper unterschiedlicher Gestalt (beispielsweise schüssel-, strich- oder stecknadelförmig). Deshalb werden Flechten auch entsprechend den Merkmalen des Flechtenpilzes in das System der Pilze eingeordnet.
Flechten wachsen mit 0,1–2 mm/Jahr sehr langsam, einzig Laubflechten wachsen mit 1–5 mm pro Jahr etwas schneller. Form und Größe der Flechte werden meist vom Pilz vorgegeben.
Warum ein Leben in Symbiose?
Der Vorteil des Pilzes in der Symbiose ist klar: Er bezieht von den Photobionten die notwendigen Kohlenhydrate. Anders könnte er beispielsweise auf Gestein nicht gedeihen. Die Vorteile der Photobionten liegen im Schutz vor raschem Wasserverlust (dank der Umhüllung durch das Hyphengeflecht) und im Schutz vor algenfressenden Tieren.
Wo leben Flechten?
Flechten können fast jedes Substrat besiedeln: Gestein (auch unter der Wasseroberfläche), Erdboden, Bäume (Holz, Rinde, Borke, Blätter), Moose, Autos, Gummi, Fensterscheiben, Leder und vieles andere. Dies erklärt, warum sie von der Arktis und Antarktis (hier etwa 200 bis 300 Arten) bis hin zur Tropenregion überall auf der Erde vorkommen. In kalten Regionen sind sie auf Grund ihrer Kälteresistenz vegetationsbestimmend. Viele Arten haben die Fähigkeit, bis weit unter den Gefrierpunkt Photosynthese zu betreiben. In Wüsten gelingt es Flechten, ihren Wasserbedarf allein aus Nebel-Niederschlag und Taufall zu decken.
Wie sehen Flechten aus?
Weltweit gibt es etwa 25.000, in Mitteleuropa rund 2.000 Flechtenarten. Flechten sind sowohl in der Gestalt als auch in der Farbgebung äußerst vielfältig. Jede Flechtenart wird durch einen spezifischen Pilz und eine spezifische Algen- oder Cyanobakterienart charakterisiert.
Flechten sind weiß, grau, braun, schwarz oder blass gelblichgrün gefärbt, teils auch leuchtend gelb, orange oder rot. Flechten setzen sich in ihren Eigenschaften deutlich ab von den Organismen, aus denen sie bestehen.
Die Flechten überziehen das Substrat meist flächig-krustig (Krustenflechten), teils bilden sich die Flechten auch in blättriger Gestalt (Laubflechten) oder strauchartig (Strauchflechten) aus oder hängen von Zweigen oder Felsen herab. Krustenflechten sind so eng mit ihrem Substrat verbunden, dass sie nicht unbeschädigt entfernt werden können.
Flechten haben mit den Moosen gemeinsam, dass sie vergleichsweise klein sind. Sie tauchen häufig in ähnlichen Lebensräumen wie Moose auf; haben darüber hinaus aber wenige Gemeinsamkeiten.
Schutz von Flechten
Etliche Flechtenarten stehen unter Naturschutz. Eine Liste der gesetzlich geschützten Flechten findet sich in der Artenschutz-Datenbank des Bundesamtes für Naturschutz. Der Schutz von Flechten wurde nötig, weil einige Arten durch Flechten-Sammler regelrecht ausgerottet wurden. Auch Standortveränderungen und Luftverschmutzungen machen den langsam wachsenden Flechten zu schaffen. Flechten zählen heute zu den am meisten gefährdeten Organismengruppen Mitteleuropas.
Problematisch am Sammeln von Flechten ist nicht nur, dass sie ohne Beschädigung oder Veränderung ihres Substrats kaum vom jeweiligen Untergrund gelöst werden können. Das Flechtensammeln kann auch das Substrat schädigen, was insbesondere bei Grabsteinen oder antiken Bauwerken von Bedeutung ist. Flechten sollten daher immer nur unter fachkundiger Anleitung gesammelt werden.
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